650B das nahende Ende der 26" Laufräder
Spätestens seit der Eurobike 2013 dürfte klar sein das 26" vom Markt verschwinden wird. Im Produktfolio der großen Hersteller sind 26" fast nur noch an Einstiegs- oder Downhillrädern zu finden. Dabei ist 650B oder 27,5 nichts neues, schon ca. 1920 wurde es in Frankreich geschaffen und dort hauptsächlich für Lastenräder verwendet. Der Grund warum der MTB Erfinder Gary Fisher in den USA damals zu bereits existierenden 26" Rädern gegriffen hatte, war die schlechte Verfügbarkeit von 650B.
Einfacheres überollen von Hindernissen
Da bei 29er der Durchmesser etwas größer ist, lassen sich Hindernisse leichter überrollen, da das Vorderrad nicht soweit einsinkt. Beim Vorderrad kommt es durch den spitzen Aufprallwinkel der durch die ungünstige Gewichtsverlagerung bestimmt wird, zu weit mehr Problemen als beim Hinterrad welches nur mitgezogen wird. Deswegen gab es auch schon seit langen Zeiten sog. 69er die ein 29er Vorderrad und ein 26" Hinterrad haben. Auch gab es Downhillräder mit 24" Hinterrad und 26" Vorderrad. Im Grunde wäre diese Mischlösung auch die beste technische Lösung (keine Probleme mit Federweg und Länge der Kettenstreben), ist jedoch von den Herstellern aus Kostengründen nicht gewünscht.
1,5" größer?
Wer nun meint das 27,5 um 1,5" größer als 26" wäre, der irrt. Diese beziehen sich nämlich auf das Reifenaussenmaß. Und wie wir wissen, kann man dieses mit verschiedenen Reifen erheblich verändern. Das ETRO Maß der Felge von 26" ist 559mm, bei 650B sind es 584mm und 622mm bei 29er aka 28". Das heisst der Unterschied zwischen 26" und 27,5 beträgt am Felgendurchmesser lediglich 25mm, was ein knappes Zoll entspricht. In der Praxis interessiert uns aber der Radius von Nabe bis zum Reifen, welcher dann nur noch 12.25mm entspricht. Es ist also etwas mehr als ein Zentimeter der einen so großen Unterschied machen soll? Die Hersteller sprechen davon, dass 29er in einigen Fällen zu groß sei z.B. für lange Federwege und das 650B das optimale Zwischenmaß wäre. Auch sind bei 29er natürlich die Laufräder um einiges schwerer und auch etwas instabiler. Bei kleineren Menschen sehen die großen Räder an den kleinen Rahmen auch etwas merkwürdig aus. So gibt es Herstelleraussagen, man könnte die Laufräder mit neuer Technik stabiler gestalten als mit alter Technik. Ernsthaft? Was hat sich in den letzten 20 Jahren bei den Laufrädern groß geändert, ausser das die Felgen tendenziell etwas breiter wurden? Die neuen Mavic Crossmax Enduro mit 24 Speichen vorn und 20 Speichen hinten, sind bestimmt kein gutes Beispiel, dass man mit weniger Speichen ein stabileres Laufrad hätte. Trotz alledem: Rein technisch spricht eigentlich wenig gegen 650B, was dagegen stört ist das es auf Kosten der 26" Fahrräder geht und allgemein so gut wie keinen praktischen Mehrnutzen hat.
Wenn es nichts bringen soll, warum der Umstieg?
Doch zuerst, wie kam es überhaupt zu 650B? Schon seit einigen Jahren kam es zum Umschwung auf 29er am MTB. 29er gibt es schon seit mindestens 2001 am MTB. In den USA ist heute fast nichts mehr anderes erhältlich, doch in Europa waren die Leute nur teilweise zum wechseln bereit, erst in den letzten 2 Jahren kam etwas an Fahrt auf. Nicht zuletzt auch deshalb, weil bei 29er der Radius der Felge um 31mm ansteigt vs. 12mm bei 650B. Der Unterschied also um einiges deutlicher ist, gegenüber 650B. Vor allem auch die Medien bei uns, standen 29er etwas kritischer gegenüber. Das schien den Herstellern aber noch nicht genug zu sein, sie wollten die 26" von der Bildfläche verschwinden sehen und holten den alten Standard 650B wieder hervor. Wie so oft geschrieben wird, es wird eine neue Sau durch das Dorf getrieben. Als Auslöser dafür kann man ganz klar Europa nennen, da diese bisher wechsel unwillig waren (auf 29er). Und Asien weil die Menschen dort im Schnitt kleiner sind. Unglücklicherweise kam 650B genau zu dem Zeitpunkt, als sich auch 29er durchsetzten. Nun sind viele Käufer verwirrt, gleich 3 Laufradgrößen auf dem Markt also muss mindestens einer verschwinden. Aber das war ja alles so geplant. Das war nicht nur bei einem Hersteller so ausgeheckt, diese schienen sich förmlich abgesprochen zu haben. Schließlich profitieren alle gleichermaßen und ein einzelner Hersteller hätte nie die Macht, eine völlig neue Laufradgröße durchzusetzen. Man wird heute sehr wenige Hersteller finden deren Marketingabteilung nicht von 650B begeistert sind. Schließlich steckt da ein riesen Geschäft dahinter. Einige Räder lassen sich zwar von 26" auf 650B doch hier ist zumindest schon einmal ein neuer Laufradsatz fällig. Und in vielen Fällen ist in Rahmen oder Gabel nicht genug Platz. Dies führt also in vielen Fällen dazu das man sich gleich ein neues Fahrrad zulegt und die Kassen der Hersteller klingeln.
Was sind die Folgen
Für den Großteil der Leute wird sich nicht viel ändern, da die meisten Kompletträder kaufen, die sie im Schnitt 5-10 Jahre fahren. In diesem Zeitraum wird es nicht viel Nachteile geben, weil die Ersatzteilversorgung sichergestellt ist. Doch wenn man vorhat sein 26" MTB länger zu fahren, wird es unweigerlich dazu kommen das man irgendwann in ferner Zeit keine Reifen oder Felgen mehr bekommen wird. Zumindest keine in guter Qualität. Vor allem wird hier auch die Frage sein, wie lange wird es 26" noch an Billigräder geben und wird es auch zu einem Wechsel in Schwellenländern kommen? Analog dazu kann man sich ansehen wieviel Reifen es heute noch für 27" (nicht 27,5) Räder gibt, sehr wenige und nur in einfacher Qualität. 27" (630mm) war damals für schmale Reifen vorgesehen und 28" (622mm) für dickere. 27" war bis vor 30 Jahren sehr populär. Felgen, hier sind sogar nur noch Kastenfelgen erhältlich. 26" wird nicht von heute auf morgen verschwinden, aber es wird absehbar das es immer weniger Teile gibt. Die Hersteller werden nicht für einen Markt produzieren für den es kaum Nachfrage gibt. Entwicklungs- und Lagerkosten spielen auch eine Rolle. Je mehr Leute von 26" weggehen, desto weniger Teile wird es geben.
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