Wandernder Druckpunkt bei Shimano Scheibenbremsen
Problem
Besonders die Modelle der 7000/8000er Serie neigen zu einem wandernden Druckpunkt beim bremsen. Dies äußert sich trotz korrekt entlüfteter Bremse dadurch, dass beim schnellen mehrmaligen bremsen der Hebel immer weiter nach vorne wandert. Insbesondere bei der hinteren Bremse. Lässt man den Hebel danach kurz in Ruhestellung, ist der Druckpunkt wieder ganz normal. Insbesondere bei kälteren Temperaturen tritt das Problem verstärkt auf. Ich kann dieses Problem mit einem SLX 7000 Bremssattel am Hinterrad ebenso feststellen, in Kombination mit einem SLX 675 Bremshebel. Die vordere Bremse ist nicht betroffen, dort ist ein Sattel von Magura montiert.
Ursache
Vermutet wird das vor allem die zu kleinen Schnüffelbohrungen (3x0.65mm) im Geber die Ursache sind. Die längere Bremsleitung an der hinteren Bremse scheint das Problem zu verstärken, da der Durchfluss reduziert wird. Ebenso wird es durch die dünneren BH90 Bremsleitungen verstärkt. Interessant ist hierbei das sowohl ein Tausch des Gebers als auch des Sattels einen Unterschied bewirkt haben. Es ist deswegen auch möglich das manche Bremssättel zum klemmen neigen und sich nicht schnell genug zurückstellen. Insbesondere bei abgefahrenen Belägen verstärkt sich dieses Problem, da die Kolben hierbei wohl leichter verkanten. Verstärkt wird dies ausserdem noch durch das ausserordentlich große Lüftspiel bei Shimano zwischen den Belägen. Aufgrund von Servowave legen die Kolben allgemein mehr Weg zurück, was länger dauert. Und zuletzt soll das Mineralöl von Shimano dicker sein, dies trifft aber nur bei tieferen Temperaturen unter 10°C zu.
Lösung
Von Shimano gibt es hierzu bis jetzt keinerlei Stellungnahme. Laut Shimano soll es lediglich an einer nicht korrekt entlüfteten Bremse liegen. Es mag sein das dies als verstärkender Faktor eine Rolle spielt, jedoch tritt dieses Problem verstärkt bei Shimano auf. Bei neueren Baujahren soll das Problem bei wärmeren Temperaturen nicht mehr so stark auftreten, bei kälteren nach wie vor.
Deswegen sollte man erstmal die Bremsen entlüften. Zwischendurch die Kolben etwas herauspumpen und dann kräfig an der Spritze ziehen um die Luft vollständig aus dem Sattel zu bekommen. Aber dabei nicht vergessen die Kolben wieder hinzudrücken bevor das System verschlossen wird, damit die Bremse nicht überfüllt ist und der Membran im Geber gefährlich werden könnte.
Ein aufbohren der Schnüffelbohrung als Lösung ist leider nicht so einfach, da der komplette Bremsgriff demontiert werden müsste und wohl auch nicht mehr funktionsfähig zusammengebaut werden kann.
Anhand der Daten der Bremsöle von Magura (Castrol Vitamol V10) und Shimano lässt sich erkennen das der Viskositätsindex beim Öl von Shimano (98 vs 175) wesentlich geringer ist, das Öl bei kälteren Temperaturen also wesentlich dickflüssiger wird obwohl diese bei Raumtemperatur eine ähnliche Viskosität aufweisen. Aus diesem Grund haben mehrere User bereits das wesentlich dünnere Gabelöl Putoline HPX 2,5 erfolgreich getestet und das zurückwandern soll damit vollständig behoben sein. Dieses extrem dünnflüssige Öl ist mir wegen seiner Viskosität (VI 458) schon vor einigen Jahren aufgefallen, hatte mich aber nicht getraut dies in eine Bremse zu füllen.
Disclaimer
Da es sich bei dem Putoline um ein Gabelöl handelt, sind neben dem Garantieverlust noch weitere Dinge zu beachten. Zum einen wäre da der niedrigere Siedepunkt von 180°C, während Shimano Öl ca. 225°C hat. Ein User hat hierzu einen "Wärmeaufkleber" am Bremssattel angebracht, welcher die Höchsttemperatur speichert. Hier wurde die Mindesttemperatur von 140°C nicht erreicht. Es ist jedoch nicht bekannt, wie stark die Temperatur durch das Gehäuse nach aussen abgesenkt wird. Bei Mineralölbremsen werden Dichtungen aus NBR evtl. HNBR verbaut. Diese haben eine Beständigkeit von höchstens 150°C, es ist also nicht davon auszugehen das das Öl in der Bremse noch wesentlich heisser wird. Ebenso wäre es wohl undenkbar das Brakeforceone Wasser als Bremsmedium verwendet.
Der andere Punkt ist die Verträglichkeit mit den Dichtungen. Synthetische Öle neigen zum schrumpfen der Dichtungen, deswegen werden hier sog. Seal sweller hinzugefügt. Ein schrumpfen der Dichtungen ist hier wesentlich kritischer als ein anschwellen, deswegen dürften die meisten Öle wohl eher auf leicht anschwellende Dichtungen ausgelegt sein.
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